Kirchenführer
Die Pfarrkirche in Großohrenbronn wurde in den Jahren 1932 bis -1933 erbaut. Die wirtschaftliche Lage zu dieser Zeit war sehr angespannt, viele Bewohner des Ortes waren arbeitslos. Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass der Kirchenneubau durchgezogen werden konnte. Da blieb für die künstlerische Ausgestaltung des Gotteshauses kaum Geld übrig. Deshalb sind auch nur zwei bemerkenswerte Kunstwerke in der Kirche zu finden, die erst 1936 ausgeführt wurden.
Als erstes fällt die Altarwand ins Auge. Der Künstler Franz Nagel hat die ganze Wand mit einer großflächigen Seccomalerei verziert, die den ganzen Kirchenraum beherrscht. Im Zentrum steht der thronende Christus als Pantokrator, als Weltenherrscher. Das Altarbild in Großohrenbronn fertigte Franz Nagel 1936 in Form eines Frescos. Dabei werden die Farben auf dem frischen Putz aufgetragen und verbinden sich unlöslich mit dem Untergrund. Bei einer Ausstellung religiöser Kunst wurde das Bild mit einem Staatspreis ausgezeichnet und auch auf der Weltausstellung in Rom gezeigt.
Das zweite Schmuckstück ist das St. Raphaels-Fenster, ein großformatiges Glasmosaik, das in hellen Farben den eilenden St. Raphael zeigt. Diese Bild wurde 1936 ebenfalls von Franz Nagel gestaltet. Das raumhohe Kirchenfenster ist von außen gut zugänglich, erscheint dort aber recht unscheinbar, da der dunkle Kircheninnenraum die bunten Mosaikteile nicht besonders zur Geltung bringt. Seine volle Schönheit sieht der Betrachter erst, wenn er es vom Kircheninneren betrachtet und Sonnenschein die Gläser leuchten lässt. Um dieses Kunstwerk zu bewundern, muss der Kirchenbesucher aber schon bis zum Altarraum nach vorne kommen. Denn die Gestaltung des Altarraumes führt dazu, dass das Fenster etwas versteckt gegenüber der Sakristei in einer Nische zu finden ist. In den siebziger Jahren wurden alle Glasfenster bereits einmal renoviert. In wie weit das Raphael-Fenster noch seine Originalverglasung hat, ist nicht mehr feststellbar.
Der Erzengel St. Raphael ist der Schutzpatron der Pfarrkirche in Großohrenbronn.
Bildlich ist er auch auf der linken Seite des großen Altarbildes mit Tobias und einen Fisch dargestellt.
Übersetzt bedeutet der hebräische Name: „Gott heilt“. Raphael erscheint in der Heiligen Schrift im Buch Tobit des Alten Testamentes als Bote Gottes in menschlicher Gestalt. Er begleitet den jungen Tobias auf einer langen Reise und schützt ihn vor Gefahren. Seinen Vater Tobit heilt er mit der Galle eines Fisches von seiner Blindheit. Raphael als Wegbegleiter und Heiler machen ihn unter anderem zum Schutzpatron der Reisenden und Pilger aber auch der Apotheker und der Kranken.
Noch während der Bauzeit der Großohrenbronner Kirche waren die meisten der männlichen Einwohner im Baugewerbe tätig. Sie arbeiteten häufig „auf Montage“ auf weit entfernten Baustellen. Um Schutz auf den Wegen zu Ihren Arbeitsstellen zu erhalten, stellten sie ihre Pfarrkirche unter das Patronat von St. Raphael.
Auf der rechten Seite des Altarbildes abgebildet: der Heilige Wolfgang. Er hält eine Miniaturdarstellung der St. Wolfgangskirche – entstanden aus der Wolfgangskapelle – in einer Hand.
Franz Nagel – Gestalter unserer Kunstwerke
Franz Nagel war ein großer Künstler, der viele Kirchen im Bistum auf unterschiedliche Art und Weise ausgestaltete. Er wurde am 1. September 1907 in Günzburg geboren, legte dort sein Abitur ab und studierte dann von 1926 bis 1929 in Gurk (Österreich) Theologie. Daran schloss sich ein Architekturstudium an der TU München bis 1931 an. Bis 1940 lebte Nagel als freischaffender Künstler, dann wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte er nach München zurück, wo er als Professor für Malerei und Graphik wirkte. Er leitete den Lehrstuhl für „Christliche Kunst“. Von 1960 bis 1963 war er Präsident der Akademie. Seine Professur hatte er bis 1975 inne. Er starb am 22. März 1976 am Tegernsee.
Den Kontakt zu dem Künstler stellte wohl Monsignore Martin Achter her. Dieser wirkte ab 1934 für zehn Jahre in Dürrwangen als Ortspfarrer. Bereits vorher haben sich Franz Nagel und Monsignore Martin Achter bei Kirchenrenovierungsarbeiten kennen und schätzen gelernt. Da Franz Nagel zu dieser Zeit als Künstler noch nicht so bekannt war, dürften sich die Kosten für die Ausschmückung der Kirche noch im erträglichen Rahmen gehalten haben. Unterlagen darüber gibt es leider keine mehr. Gleichzeitig war er auch in Dürrwangen mit der Ausgestaltung der dortigen Pfarrkirche beauftragt. 1957 hat er ein großes Glasmosaik des Kirchenpatrons St. Wolfgang in Landshut gestaltet, das in seiner Komposition unserem St. Raphael gleicht. 1966 entwarf Franz Nagel ein weiteres großformatiges Fensterbild für St. Pius in Augsburg-Haunstetten. Die Hand des Künstlers, so wie sie in unserer Pfarrkirche in einem seiner frühen Werke zu sehen ist, ist dort deutlich wiederzuerkennen.
(Quelle: Pfarrbriefe 2018/2019 - Dr. Erwin Heilek